Atopische Dermatitis: “Basistherapie ist so simpel und bringt so viel”

Britta Verlinden - Sonntag, 25.12.2022
Eine Mutter cremt ihr lächelndes Baby ein. Atopische Dermatitis im AMBOSS-Blog

Atopische Dermatitis ist in Deutschland die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Das neue AMBOSS-Kapitel erklärt, was bei der Versorgung Betroffener zu beachten ist – und was auch Angehörige anderer Fachrichtungen darüber wissen sollten.

Die ärztliche Redakteurin Laura Lima ist Weiterbildungsassistentin für Dermatologie im fünften Ausbildungsjahr. Sie berichtet, wie das Kapitel atopische Dermatitis auch außerhalb der Dermatologie helfen kann.

Auf einen Blick

  1. Wie das Kapitel „Atopische Dermatitis“ im ärztlichen Alltag hilft
  2. Welchen Abschnitt auch Fachfremde lesen sollten
  3. Was gibt es Neues zur atopischen Dermatitis?
  4. Was das Kapitel einzigartig macht
  5. Warum ich das Kapitel in meiner eigenen Weiterbildung gebraucht hätte

Wie hilft das Kapitel „Atopische Dermatitis“ im ärztlichen Alltag?

Die Behandlung der atopischen Dermatitis verfolgt mehrere Ziele. Aus ärztlicher Sicht gilt es sicherlich, die Ekzeme unter Kontrolle zu bekommen. Aber die Betroffenen stört vor allem der Juckreiz – und das ist nicht unbedingt dieselbe Therapie. Oft muss man sich diese Informationen aus vielen verschiedenen Quellen zusammensuchen. In unserem Kapitel finden Behandelnde schnell, was sie für die jeweiligen Patient:innen brauchen: die topische und systemische Therapie, aber eben auch die supportiven Maßnahmen – und die Basistherapie! Über Letztere lernt man im Studium praktisch gar nichts. Dabei ist Basistherapie so etwas Simples, was auch schon der Hausarzt oder die Kinderärztin empfehlen können: Sie hat keine unerwünschten Wirkungen und bringt so viel! Und wenn Betroffene die Basistherapie drei, vier Wochen angewendet haben, lässt sich in der dermatologischen Praxis viel besser beurteilen, ob ein Steroid überhaupt noch notwendig ist.

Keine Macht dem Juckreiz: Neue Medikamente bieten in der Therapie der atopischen Dermatitis effektive Alternativen, werfen aber auch Fragen auf. Antworten hat unser Kapitel.

ZUM AMBOSS-KAPITEL

Welchen Abschnitt sollten fachfremde Kolleg:innen außerdem lesen, bevor sie zum Überweisungsschein greifen?

Manche Betroffene stellen sich ja auch bei einer anderen Fachrichtung vor, etwa wenn kleinere, bereits bekannte Ekzeme aufflammen. Dann hilft ein Blick in den Abschnitt topische Therapie. Wer sich noch nicht so intensiv mit der Therapie der atopischen Dermatitis auseinandergesetzt hat, wird außerdem unsere Tabelle zur Stufentherapie sehr interessant finden – und natürlich die supportive Therapie: Wann sind desinfizierende Maßnahmen sinnvoll? Was hilft gegen den Juckreiz? Auch die Differenzialdiagnosen sollte man sich anschauen. Vielleicht steht hinter dem „Verdacht auf Allergie oder atopisches Ekzem“ eigentlich eine Skabies? Mein Eindruck ist, dass das oft durcheinander gerät – obwohl es sich um völlig verschiedene Krankheiten handelt. 

Was ist inhaltlich neu? Warum ist das wichtig?

Es gibt vier systemische Therapeutika, die erst seit so kurzer Zeit zugelassen sind, dass sie in den Leitlinien noch gar nicht erwähnt werden. Sie kommen zwar eher in der Klinik zum Einsatz, aber im niedergelassenen Bereich ist es ja auch wichtig zu wissen: Was kann für meine Patient:innen noch getan werden? Wir haben außerdem zusammengefasst, welche Laborkontrollen vor und während der Behandlung nötig sind. Bei älteren Präparaten wie Methotrexat wissen die Praxen ja, welche Blutwerte sie bestimmen müssen. Hier handelt es sich aber um so neue Präparate, dass sich die meisten noch nicht damit auskennen. Die aktuellen Leitlinien haben wir natürlich auch integriert, sowohl zur systemischen Therapie der atopischen Dermatitis als auch zur Allergieprävention. 

Was bietet dieses Kapitel ärztlichen Kolleg:innen, das sie woanders so nicht finden? 

Unsere Inhalte rund um die Prävention sind, glaube ich, eine große Hilfe für Beratungsgespräche. Gerade die Eltern von betroffenen Kindern möchten wissen: Was können wir tun, außer Medikamente zu geben? Wichtig war uns aber auch, einmal alle nicht empfohlenen Maßnahmen zusammenzutragen. Im Praxisalltag berichten viele noch immer, dass sie auf dieses oder jenes Nahrungsmittel verzichten oder ihrem Kind bestimmte Ergänzungsmittel geben – wovon man heute allerdings weiß, dass es nichts bringt. Bei uns lässt sich das nachschlagen, um dann im Gespräch mit den Eltern verlässlich zu sagen: „Dafür konnte kein positiver Effekt nachgewiesen werden.“ Wenn Familien eine Maßnahme weglassen, die nicht hilft oder sogar schadet, tun sie sowohl ihrem Kind als auch dem Geldbeutel etwas Gutes.

„Während meiner eigenen Weiterbildung hätte ich dieses Kapitel unbedingt gebraucht…“ 

Ich wünschte, ich hätte die Tabelle zu den Steroiden gehabt! In der Praxis gibt es eine solche Flut an Medikamenten, die sich verschreiben ließe. Da fragt man sich schon mal: „Welche Wirkstoffklasse war das jetzt noch gleich?“ So eine Art Spickzettel hätte ich da sehr praktisch gefunden.