Schockraum-Management

Rosa Bartel - Dienstag, 15.9.2020
Zwei Sanitäter schieben eine Person auf der Patientenliege durch den Gang eines Krankenhauses.

Von Checklisten, Teamwork und Softskills.

Der Schockraum ist als Bindeglied zwischen präklinischer und klinischer Patientenversorgung das Herz nahezu jeder Rettungsstelle. Innerhalb kürzester Zeit müssen hier lebenswichtige Entscheidungen getroffen werden. Eine schnelle Diagnose und Behandlung kritischer Verletzungen und Erkrankungen ist essentiell.
All das leistet ein interdisziplinäres Team aus erfahrenen Ärzt:innen und spezialisierten Pflegekräften. Gerade in hektischen, lebensbedrohlichen Situationen ist es für das Überleben der Patient:innen ausschlaggebend, dass ein immer wieder neu zusammengesetztes Schockraum-Team funktioniert wie ein Uhrwerk.

Die ärztlichen Kolleg:innen und das Pflegepersonal sehen sich dieser Tage mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Der Abbau von Personal, die Verkürzung der Liegezeiten, das DRG-Fallpauschalensystem sowie der Fachkräftemangel haben die Vielschichtigkeit und Komplexität des Gesamtsystems erhöht und damit auch die Zahl möglicher Fehlerquellen vervielfacht. Standard Operating Procedures, kurz SOPs, und Algorithmen sind deshalb aus dem notfallmedizinischen Alltag nicht mehr wegzudenken.

Einer der bekanntesten Notfall-Algorithmen ist das cABCDE-Schema, das ursprünglich aus dem “Advanced Trauma Life Support” (ATLS®) stammt. Es standardisiert diagnostische und therapeutische Handlungsabläufe in der klinischen Erstversorgung von Schwerverletzten. Bei Polytraumata etwa gilt: “Treat first what kills first”. In laufend aktualisierten Leitlinien (bspw. S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung) werden klare Handlungsempfehlungen vorgegeben, auf die alle Teammitglieder, vor allem in Notfallsituationen, zurückgreifen können. Auch bezüglich personeller, räumlicher, logistischer und materieller Anforderungen gibt es klare Empfehlungen. So soll beispielsweise ein Schockraumteam besetzt sein, das im Idealfall auch spezielle Teamtrainings absolviert hat. 

Das “Crew Resource Management” (CRM) setzt auf das Training von nicht-technischen Fähigkeiten. Kooperation, situative Aufmerksamkeit, Führungsverhalten, Entscheidungsfindung und effektive interdisziplinäre Kommunikation stehen dabei im Fokus. Ursprünglich stand CRM  für “Cockpit Resource Management” und kam aus der Luftfahrt. Es wurde in den 70er Jahren erarbeitet, nachdem Untersuchungen menschliches Versagen und mangelnde Teamfähigkeit als Ursache für gehäufte Flugzeugkatastrophen ausgemacht hatten. Aus “Cockpit” wurde “Crew”. Und der Transfer in das Gesundheitswesen folgte wenig später.

Schmidt et al. betonen in “Improvement of team competence in the operating room : Training programs from aviation”, dass die Kombination aus SOPs und CRM das Prozessmanagement spürbar verbessert.  Die Autor:innen hatten zum einen SOPs vordefiniert, visualisiert und mit den Mitarbeitenden in einer neuen Arbeitsumgebung simuliert. Zum anderen wurde allen Leitungskräften CRM vorgestellt, trainiert und anschließend via Fragebögen evaluiert. 75% der Mitarbeitenden beurteilten das Training als “sehr gut”.

Als die wesentlichen Säulen der Komplikationsvermeidung sowie zur besseren Beurteilung und Beherrschung von Risiken identifiziert Dr. med. Carolin Eishold von der Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Anästhesie und intensivmedizin in Dresden  in ihrer CME-Fortbildung “Risikomanagement in Anästhesie und Intensivmedizin”: Schulungen der Mitarbeitenden, SOPs, CRM sowie die Risikoüberwachung mithilfe von CIRS-Systemen (Critical Incident Reporting Systems). Diese seien besonders wichtig, weil in der Akutmedizin die Zahl der Fehlerquellen groß ist. 

Kontinuierliche Anstrengung, starke Motivation der Geschäftsführung und Mitarbeitenden sowie Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung für alle potentiellen Teammitglieder sind  Voraussetzung für die Verbesserung der Patient:innensicherheit. Das Leben der  Patient:innen liegt am Ende nie in der Hand nur einer Person. Notfallmedizin ist Teamarbeit.

 

Weitere Informationen zu relevanten AMBOSS-Inhalten und für diesen Artikel gelesene Studien : Schockraummanagement, Notfallsonographie

 

Quellen

  1. DOI:10.1007/s00101-016-0189-9; 10.1007/s00101-010-1758-y; 10.1007/s00063-017-0264-2