Plötzlicher Säuglingstod (SIDS): Wie sich Sterbefälle verhindern lassen

Maria Strandt - Sonntag, 16.4.2023
Ein Säugling wird von einer Person mit blauen Untersuchungshandschuhen untersucht. SIDS und BRUE im AMBOSS-Blog.

ALTE heißt jetzt BRUE und hat nichts mit SIDS zu tun. Was sich hinter den Abkürzungen verbirgt und was Behandelnde dazu wissen sollten, erklärt unsere Kapitelautorin.

Die ärztliche Redakteurin Dr. med. Katrin Mayer erklärt, wie die AMBOSS-Kapitel Sicherheit im Umgang mit dem Sudden Infant Death Syndrom (SIDS) und einem Brief Resolved Unexplained Event (BRUE) geben. Sie ist im fünften Jahr der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendmedizinerin und Teil der Fachgruppe Pädiatrie der AMBOSS-Redaktion.

Auf einen Blick

  1. Was ist inhaltlich neu? Warum ist das wichtig?
  2. Wie helfen die Kapitel zu SIDS und BRUE im ärztlichen Alltag?
  3. Welche Abschnitte sind auch außerhalb der Pädiatrie relevant?
  4. Welche Inhalte zu SIDS und BRUE gibt es so nur bei AMBOSS?
  5. „Während meiner eigenen Weiterbildung hätte ich diese Kapitel gerne gehabt …“ 

Was ist inhaltlich neu? Warum ist das wichtig? 

Neu ist die Bezeichnung „BRUE“, also „Brief resolved unexplained Event“. Diese bedeutet: Hautkolorit, Atemmuster, Muskeltonus und/oder Bewusstsein eines Neugeborenen oder Säuglings haben sich plötzlich kurz verändert, sind zum Zeitpunkt der Untersuchung aber wieder völlig unauffällig. Ähnliche Ereignisse hießen früher „Apparent Life-threatening Event“, kurz ALTE, was fälschlicherweise eine erhöhte Mortalität suggeriert. Wenn es zu so einem Ereignis kommt und die Diagnostik unauffällig bleibt, ist die Sterblichkeit bei Neugeborenen und Säuglingen nämlich nicht erhöht. Um das Bewusstsein dafür zu schärfen und sowohl den Kolleg:innen als auch den Eltern eine gewisse Sicherheit zu geben, sollte man die neue Definition verwenden.

 

BRUE-Flowchart

© AMBOSS GmbH

Warum ein BRUE eine Ausschlussdiagnose ist, wie es sich diagnostizieren lässt und wann eine stationäre Aufnahme indiziert ist, zeigt unser Kapitel.

ZUM AMBOSS-KAPITEL

 

 

Wie helfen die Kapitel zu SIDS und BRUE im ärztlichen Alltag?

Meist kommen Ärzt:innen bei Aufklärungsgesprächen mit dem Thema SIDS in Kontakt – zum Beispiel zur U2. Die Empfehlungen zur sicheren Schlafumgebung klingen in der Theorie ganz einfach, aber in der Praxis lassen sich Neugeborene nicht immer davon überzeugen, alleine in ihrem Bettchen auf dem Rücken zu schlafen. Damit auch Berufsanfänger:innen die manchmal sehr detaillierten Nachfragen der Eltern sicher beantworten können, gehen wir im Kapitel ausführlich auf die Empfehlungen zur SIDS-Prophylaxe ein. 

Was das BRUE betrifft: Häufig kommen Eltern mit ihrem Säugling in die Notaufnahme und berichten, dass dieser zum Beispiel für wenige Sekunden blass oder blau geworden sind. In der Rettungsstelle angekommen, geht es ihnen aber wieder gut. Trotzdem schrillen bei so einer Beschreibung die Alarmglocken: Wie viel und welche Diagnostik ist wirklich indiziert? Dazu haben wir eine Übersicht erstellt.

Welche Abschnitte sind auch außerhalb der Pädiatrie relevant?

Das praktische Vorgehen nach dem Sterbefall ist aus meiner Sicht für alle ärztlichen Kolleg:innen relevant, weil diese Situation beispielsweise Notärzt:innen jeder Fachrichtung begegnen kann. Der plötzliche Säuglingstod tritt dank der Präventionsmöglichkeiten selten ein, ist aber emotional sehr belastend und mit Unsicherheiten sowie juristischen Fragen verbunden. Dazu geben wir konkrete Handlungsempfehlungen. Take-Home Message ist, dass man die Todesursache als unklar einstufen und unbedingt die Polizei oder Staatsanwaltschaft informieren muss. 

 

Ploetzlicher-Kindstod

© AMBOSS GmbH

Praktische Hinweise zum Vorgehen im Todesfall und Informationen für das Aufklärungsgespräch bietet unser Kapitel zum SIDS.

ZUM AMBOSS-KAPITEL

 

Welche Inhalte zu SIDS und BRUE gibt es so nur bei AMBOSS?

Wir haben eine schöne, alltagsnahe Illustration zur sicheren Schlafumgebung. Damit lassen sich die Empfehlungen noch einmal veranschaulichen, auch wenn es eine Sprachbarriere zwischen Eltern und Behandelnden gibt.

Für das Vorgehen bei einem unklaren Ereignis im ersten Lebensjahr haben wir ein praxisnahes und übersichtliches Flowchart. Darin lässt sich auf einen Blick ablesen, welche Diagnostik man durchführen sollte. Wenn sich Auffälligkeiten in der Anamnese zeigen, zum Beispiel Husten, hilft unsere symptomorientierte Tabelle mit den Differenzialdiagnosen weiter.

„Während meiner eigenen Weiterbildung hätte ich diese Kapitel gerne gehabt …“ 

… um bei unklaren Ereignissen im Neugeborenen- und Säuglingsalter wie einem BRUE das individuelle Risiko einschätzen zu können und daraus konkrete diagnostische Konsequenzen zu ziehen. Wenn ich die Kapitel gehabt hätte, hätte ich außerdem auf Eltern und ihre Nachfragen zum SIDS verbindlicher und evidenzbasierter eingehen können.